Kennen Sie das? Sie kommen zu einer Besprechung und langsam trudeln die einzelnen Teilnehmer ein. Das Meeting kommt in Gang und nach kurzer Zeit verliert sich die Diskussion in einem Detail. Die Hälfte der Teilnehmer interessiert sich nicht dafür und einer nach dem anderen beginnt damit am Notebook oder Smartphone seine E-Mails zu bearbeiten (bei Online-Meetings ist diese Ablenkungs-Gefahr besonders groß). 15 Minuten vor Ende des Meetings stellt man dann fest, dass noch eine Reihe von Themen nicht erledigt sind. Das Meeting wird vertagt und jeder verlässt frustriert den Raum: „… schon wieder eine dieser sinnlosen Besprechungen“. Solche oder so ähnliche Meetings hat sicher jeder von uns schon mal erlebt.
Grund genug, sich wieder mal mit dem Thema Moderation zu beschäftigen. In diesem Artikel habe ich die aus meiner Sicht 10 wichtigsten Erfolgsfaktoren für eine gelungene Moderation für Sie zusammengestellt. Egal ob Teambesprechung, Projektworkshop oder Großgruppenevent – wenn Sie diese Punkte berücksichtigen, sind zumindest die Voraussetzungen für ein erfolgreiches Meeting geschaffen.
Diese Punkte sind übrigens für Präsenzmeetings gleichermaßen gültig wie für Online-Meetings. Ich würde sogar sagen, dass für den Erfolg eines Online-Meetings eine gut vorbereitete Moderation noch wichtiger ist, als bei einem Präsenzmeeting.
1. Vorbereitung – das Fundament des Erfolgs
Ja, Sie haben richtig gelesen. Wenn Sie die Aufgabe haben, ein Meeting zu moderieren, beginnt der Job schon lange vor der eigentlichen Besprechung. Zunächst ist mal zu klären, was das Ziel der Besprechung ist. Dafür eignet sich zB die Coverdale Zielscheibe hervorragend. Weitere wichtige Punkte sind: Erstellung einer Agenda und eines Zeitplanes, Auswahl und Einladung der Teilnehmer, Auswahl der erforderlichen Unterlagen und Hilfsmittel, Festlegen von Raum und Setting, etc.
Eine umfangreiche Checkliste zur Vorbereitung finden Sie übrigens auch auf unserer Homepage im Bereich „Blog“.
2. Einstieg ins Meeting
Die Weichen für ein erfolgreiches Meeting werden häufig bereits in den ersten Minuten gestellt. Kennen sich nicht alle Teilnehmer, ist eine (zumindest kurze) Vorstellungsrunde obligatorisch. Unbedingt sollte auch immer das Ziel des Meetings erläutert und idealerweise eine gemeinsame Sichtweise dazu hergestellt werden. Meist ist es auch sinnvoll, zu Beginn Erwartungen und Befürchtungen abzufragen und zu klären. Ebenfalls hilfreich ist es, sich auf Spielregeln für das Meeting zu einigen und auch den Ablauf sowie die Agenda des Meetings kurz vorzustellen. Schließlich sollte am Ende der Einstiegsphase die Überleitung zum ersten Agendapunkt bzw. der Einstieg ins Thema erfolgen.
3. Trennung Inhalt und Prozess
Eine wichtige Regel lautet: „Der Moderator ist verantwortlich für den Prozess, die Teilnehmer sind verantwortlich für den Inhalt“. Der Moderator sollte sich also immer fragen: „Ist das, was gerade passiert, hilfreich für das Erreichen des Zieles dieses Meetings?“ Im Gegensatz dazu sollte er sich bei inhaltlichen Diskussionen eher zurückhaltend zeigen. Dafür braucht es ein gewisses Maß an Selbstdisziplin und Selbstreflexion, insbesondere bei Themen, die für den Moderator von besonderem Interesse sind oder die Auswirkungen auf den Moderator haben.
4. Neutralität und Allparteilichkeit des Moderators
Kommt es während des Meetings zu einer Situation, wo sich unterschiedliche Standpunkte bilden, ist die Einhaltung von Regel 3 besonders wichtig. Hier gilt es dann, sich nicht auf die eine oder die andere Seite zu schlagen, sondern neutral zu bleiben. Das heißt auch alle Beiträge gleichermaßen „wichtig“ zu nehmen und alle Teilnehmer gleichermaßen wertzuschätzen – zusammengefasst in dem Begriff „Allparteilichkeit“. Das klingt vielleicht einfach, ist jedoch in der Praxis eine der größten Herausforderungen für den Moderator. Auch wenn der Moderator nicht Teil des Teams ist und es keine inhaltlichen Verstrickungen gibt, hat er zumindest eine Meinung zu diesem Thema. Diese in den Hintergrund stellen zu können und auch in schwierigen Situationen neutral zu bleiben, ist eine der wichtigsten Kompetenzen eines guten Moderators.
5. Störungen haben Vorrang
Egal ob es der berühmte „Vielredner“ ist oder der Teilnehmer, der dauernd im Raum telefoniert – Arten von Störungen im Prozess gibt es viele. Die Aufgabe des Moderators ist es, diese Störungen wahrzunehmen und dann entsprechende Maßnahmen zu setzen, um die Störungen zu beseitigen. Die Art und Weise, wie das passiert, hängt natürlich stark von der Persönlichkeit des Moderators und dessen Führungsstil zusammen (Prozessführung ist ja auch eine Art von Führung). Jedenfalls braucht es hier viel Fingerspitzengefühl und Erfahrung. Auch wenn es keine „Patentrezepte“ gibt, hier ein kleiner Leitfaden zum Umgang mit Teilnehmern, die sich störend verhalten:
- Nehmen Sie die Wirkung des Verhaltens bei sich selbst wahr
- Beobachten Sie die Wirkung des Verhaltens auf die Gruppe
- Sprechen Sie das Verhalten und die Wirkung an
- Vereinbaren Sie Spielregeln oder weisen Sie auf vereinbarte Spielregeln hin
- Versuchen Sie herauszufinden, was hinter dem Verhalten steckt, wenn es weiter fortgesetzt wird: Was führt zu diesem Verhalten? Welche Absicht könnte dahinterstecken? Sprechen Sie Ihre Vermutung aus.
- Überlegen Sie gemeinsam mit dem Teilnehmer, was er braucht, um mitzuarbeiten.
- Was kann auch die Gruppe dazu beitragen?
6. Gruppendynamischer Prozess und Umgang mit Emotionen
In jedem Meeting laufen zwei Prozesse parallel ab: ein strukturierter Ablauf auf der Sachebene und ein gruppendynamischer Prozess auf der Gefühls- und Beziehungsebene.
Die Berücksichtigung dieser zweiten Ebene unterscheidet den guten vom ausgezeichneten Moderator. Bei der Zusammenarbeit von Menschen in einem Team werden folgende Phasen unterschieden:
- Orientierungsphase
- Konfliktphase
- Stabilitätsphase
- Leistungsphase
- Trennungsphase
Je nachdem um welche Art von Meeting oder Workshop es sich handelt und wie die Zusammensetzung der Teilnehmer aussieht, können diese Phasen unterschiedlich lang dauern oder auch gar nicht erreicht werden. Die Phasen des Gruppenprozesses muss der Moderator in seinem Vorgehen berücksichtigen, beispielsweise bei der Gestaltung der Einstiegsphase des Sachprozesses. Bestimmte Verhaltensweisen der Teammitglieder helfen dem Moderator, die Phasen des Gruppenprozesses zu erkennen und entsprechend zu reagieren.
7. Meta-Reflexionen und Zwischenrückblenden
Gerade (aber nicht nur) bei längeren Meetings oder Workshops ist es hilfreich, zwischendurch den Fortschritt mit den Teilnehmern zu evaluieren. In diesem Fall wird bewusst die Inhaltsebene verlassen und die Teilnehmer dazu eingeladen, Feedback zum Prozess zu geben. Der Moderator stellt Fragen wie zb:
- Wie geht es uns mit der Zusammenarbeit in diesem Meeting?
- Wie nahe sind wir schon in der Erreichung des Meetingzieles?
- Was braucht es noch oder was müssen wir für das restliche Meeting verändern?
Wichtig ist es, diese Zwischenrückblenden gut einzuleiten und klar zu machen, dass es in diesem Schritt nicht um eine inhaltliche Diskussion geht, sondern ausschließlich um ein Prozess-Review.
8. Sinnvoller Einsatz von Moderationstechniken und Werkzeugen
Es gibt eine riesige Anzahl von Moderationstechniken und Werkzeugen. Hier ein paar Beispiele für Präsenz- und Onlinemeetings:
Präsenzmeetings:
- Visualisierungstechniken (zB Flipchart, Moderationskarten, Klebepunkte, …)
- Kreativitätstechniken (zB Brainstorming, MindMaps, …)
- Aufstellungen im Raum (zB um Zustimmung / Ablehnung zu einem Thema sichtbar zu machen)
OnlineMeetings:
- Elektronisches Whiteboard (ich nutze am liebsten MS Whiteboard für einfache Aufgaben oder Miro für komplexere Themen)
- Sofort-Umfragen (ja nach eingesetztem Videokonferenz-Tool)
- Desktop-Sharing
Unabhängig vom Setting:
- Fragetechniken (zB Skalierungsfragen, Fragen nach Ausnahmen, Klassifikationsfragen, …)
- Techniken zur Herbeiführung von Entscheidungen (zB Mehrheitsbeschluss, …)
- Blitzlicht-Technik (wo stehen wir?)
Gerade weil es so viele verschiedene Tools gibt, ist es umso wichtiger gut zu überlegen, welches man einsetzt. Die zwei grundlegenden Fragen dabei sind:
Welches Ziel möchte ich erreichen?
Welches Werkzeug ist am besten zur Erreichung dieses Ziels geeignet?
9. Abschluss des Meetings und Review
Genauso wichtig wie ein sauberer Einstieg ins Meeting ist ein sauberer Abschluss des Meetings. Dazu gehört auch die verbindliche Vereinbarung eines Maßnahmenplans: „Wer macht was bis wann“ sollte für alle offenen Punkte geklärt sein. Ebenso sollte geklärt werden, wie dieser Maßnahmenplan nach dem Meeting verfolgt werden soll. Eventuell ist auch ein Folgemeeting erforderlich. In diesem Fall sollte geklärt werden, wer dieses bis wann organisiert.
Idealerweise gibt es am Ende des Meetings auch ein finales Review zur Zusammenarbeit und zum Prozess analog zum
Punkt 3.
Last but not least wäre ein positiver Abschluss des Meetings schön. Der Moderator kann sich zB für die konstruktive Mitarbeit der Teilnehmer bedanken und (falls vorhanden) die positive thematische Entwicklung wertschätzen.
10. Nachbereitung
Nach dem Meeting ist vor dem Meeting. Die Erstellung eines Meeting-Protokolls mit der Zusammenfassung der Ergebnisse und des Maßnahmenplans ist üblicherweise der letzte Schritt, für den der Moderator verantwortlich ist.
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