von Timm Richter und Torsten Groth, Carl Auer 2023, 188 Seiten

Als Führungskraft systemisch arbeiten? Das geht doch nicht, ich bin doch Teil des Systems! Das waren meine ersten Gedanken beim Lesen des Buchtitels.

In ihrem gemeinsamen Buch zeigen Timm Richter und Torsten Groth eindrücklich, dass man auch als Führungskraft systemische Sichtweisen und Methoden sinnvoll einsetzen kann.

Die Autoren sind beide „alte Hasen“ der systemischen Szene, die sich auch durch ihre unterschiedlichen Zugänge ergänzen: Richter als Mathematiker, MBA und ehemaliger Xing Vorstand und Groth als Soziologe, Organisationsberater mit Expertise für Familienunternehmen Gemeinsam sind sie als geschäftsführende Gesellschafter im Kernteam von Simon Weber Friends tätig.

Ihr Buch ist in fünf Kapitel gegliedert:

  • Im ersten, dem theoretischsten und anspruchsvollsten, erörtern sie die Frage, was Führung als Prozess bzw. als Funktion aus systemischer Sicht bedeutet. Hierbei gehen sie in die Tiefe und zeichnen ein umfangreiches Bild von Führung.
  • Um die Selbstführung von Führungskräften geht es im zweiten Kapitel. Hier wird zur sorgfältigen Reflexion der eigenen Rolle animiert und die Erwartungen, Zuschreibungen und Wirksamkeit eben dieser Rolle unter die Lupe genommen.
  • Kapitel drei und vier widmen sich den Dimensionen Team und Organisation und wie Führung in diesen Bereichen gelingen kann bzw. welche Möglichkeiten der Interventionen bestehen.
  • Im fünften und letzten Teil Die eigene Führung führen geht es zusammenfassend um Führungskompetenzen und Gebote und um das gesellschaftliche Spannungsfeld von Verantwortung und Moral sowie dessen Bedeutung für Organisationen.

Äußerst hilfreich ist die Zusammenfassung der praktischen Gebote zum jeweiligen Thema am Ende eines jeden Kapitels.

Das Buch ist ein Plädoyer für das Innehalten und reflektierende Aussteigen aus dem Hamsterrad, das Führung häufig bedeutet, um aus einer Metaposition das Interagieren auf allen Führungsebenen mit sämtlichen relevanten Umwelten zu hinterfragen und anzupassen.

Es zeigt die Möglichkeiten und die Flexibilität auf und ermutigt zur Spielfähigkeit mit der eigenen (Führungs)-Rolle.

Die Autoren hinterfragen auch manch aktuell hochgelobten Trend (New Work, selbstorganisierte Teams etc.) und zeigen unideologisch auf, welche Aspekte davon sie aus systemtheoretischer Sicht als kritisch erachten.

Timm Richter und Thorsten Groth zeigen viele praktische Handlungsoptionen und Techniken auf (Tetralemma, Harvard-Konzept, Wertequadrat…) und stellen zahlreiche Praxisbezüge zu sehr unterschiedlichen Organisationsformen vom kleinen Start-up über das mittelständische Familienunternehmen bis hin zum Global Player her.

Es handelt sich um ein recht kompaktes Buch, welches mit komprimiertem Wissen in perfekter Balance von Theorie und Praxis gefüllt ist. Ein gewisses Vorwissen im Bereich der Systemtheorie wird die teilweise anspruchsvolle Lektüre vereinfachen.

Lässt man sich darauf ein, erhält man eine wahre Schatzkammer, die ein rundes Bild von Führung präsentiert und Lust macht, die eigene Tätigkeit/Rolle mit Freude zu explorieren und zu adaptieren.

Ich empfehle das Buch allen Personen in Führungsrollen sowie an Führung und Organisationen Interessierten und beratend Tätigen.

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