Ob ein Team oder eine Führungskraft über ein agiles Mindset verfügt, wird im Alltag zumeist schnell sichtbar. In dieser Case Study stellen wir Ihnen zwei Blickwinkel gegenüber, von zwei Führungskräften und ihren Teams, die sich beide als „agil“ bezeichnen. Wir laden Sie ein, die beiden Beschreibungen zu lesen und sich selbst ein Bild zu machen….

Team 1:
Das Team hat 8 Mitglieder und wird von einer Linienführungskraft geführt. Dieser Linie Manager versucht seinem Team beizubringen, selbstverantwortlich und eigenständig zu arbeiten und die gesetzten Ziele auch wirklich zu erreichen.

Das Team besteht aus recht jungen Leuten, die erst sehr kurz dabei sind, und 2 erfahrenen Kolleg*innen, die schon seit einigen Jahren im Team der Führungskraft sind. Die beiden erfahrenen Kolleg*innen haben jeweils 3 neue Kolleg*innen zugewiesen bekommen, die sie ausbilden und an die sie die Arbeit so verteilen, dass alles erledigt werden kann.

Zur Stärkung der Selbstorganisationsfähigkeit des Teams hat die Führungskraft vorgeschlagen, zukünftig mit einem Kanban Board zu arbeiten, um besser sehen zu können, wer an welchen Themen „dran ist“. Das Kanban Board soll in elektronischer Form geführt werden und die Führungskraft möchte Zugriff auf den Team Planner haben, um mitlesen zu können.

Außerdem hat die Führungskraft ein wöchentliches Jour fixe initiiert, um Fragen, Austausch und Abstimmung sicherzustellen. Jeden Morgen treffen sich die Teammitglieder zu einem fixen Zeitpunkt für 15 Minuten, um die Tagesarbeit zu besprechen.

Die Führungskraft ist mit der neuen Struktur grundsätzlich zufrieden, weil sie ihr einen guten Überblick bietet. Allerdings findet sie, dass die Teammitglieder dauernd über Stress und zu viel Arbeit klagen, Dinge nicht fertig werden, und die Verbindlichkeit von Zusagen viel besser sein könnte.

Die Führungskraft versucht, die Mitarbeitenden durch klare Kommunikation und Unterstützungsangebot weiterzubringen. Allerdings erlebt sie sich mehr und mehr als Kontrolleur*in bzw. Dompteur*in, wenn etwas nicht funktioniert, und die einzelnen Teammitglieder vor allem darauf schauen, dass sie am entstandenen Problem „nicht schuld“ sind. Die Problemlösung geht dann zwar recht schnell, aber meist braucht es die Hilfe der Führungskraft.

Es gibt inhaltlich so viel zu tun bzw. ändern sich die Herausforderungen ständig, dass Dinge, die sich das Team für die Woche an Arbeit am Montag vornimmt, oft am Mittwoch schon wieder obsolet sind, weil von oben oder von der Seite dauernd neue Tasks in das Team eingekippt werden, die alle dringend sind. Am Freitag ist oft nur ein Drittel der Themen erledigt, die bei den einzelnen Teammitgliedern liegen.

Diese Führungskraft kommt nach vier Wochen Testphase zu dem Schluss, dass der moderne Schnickschnack ja ganz nett und bunt ist, aber leider nichts zur Effizienzsteigerung im Team beiträgt, weil weiterhin die Führungskraft das Team organisieren muss.

Team 2:

Auch dieses Team hat 8 Mitglieder und wird von einer Linienführungskraft geführt. Diese Führungskraft hat erkannt, dass ihr Team ein hohes Potenzial hat, allerdings noch am Anfang der Entwicklung steht, da es vor kurzem einen größeren Wechsel gab und nur noch 50 % der Teammitglieder längere Erfahrung im Team haben.

Diese Führungskraft setzt darauf, dass die Mitarbeitenden sehr schnell lernen, wie die Zusammenarbeit funktioniert, und wie jedes Teammitglied schnell seine Stärken ins Team einbringen kann.

Dieses Team hat gemeinsame Werte und Spielregeln definiert, nach denen es zusammenarbeiten möchte. Zusätzlich gibt es eine Meeting-Struktur, die den einzelnen Teammitgliedern hilft, einerseits die tägliche Arbeit zu machen, und andererseits durch konsequentes gemeinsames Arbeiten auch das kreative Potenzial des Teams auszuschöpfen.

Das Team hat einen klaren Teamauftrag, den jedes Teammitglied kennt. Außerdem sind die Freiräume, die das Team hat, in Bezug auf Entscheidungen klar definiert.

Das Team hat gemeinsam überlegt, wie es die immer schnelleren und Flexibilität fordernden Anfragen aus der Organisation am besten bewältigt und sich dazu entschieden, seine Tätigkeiten einerseits über ein Kanban Board zu organisieren und andererseits zyklisch zu arbeiten.

Jeden Morgen trifft sich das Team, um kurz zu besprechen, was am Tag ansteht, und wer von wem Unterstützung braucht. Die Führungskraft muss an diesen Meetings schon seit einigen Wochen nicht mehr teilnehmen, das Team moderiert sich das Meeting selbst.

Die Führungskraft ist beim Wochenrückblick auf der inhaltlichen Ebene dabei, nicht jedoch beim Rückblick auf den Prozess. Den organisiert sich das Team selbst und formuliert auch Lernschritte, um besser zu werden. Wenn das Team Unterstützung durch die Führungskraft braucht, kommt die Führungskraft dazu. Zumeist handelt es sich dabei um Themen, deren Verantwortlichkeit außerhalb des Teams liegen, und die Führungskraft hilft, wenn es darum geht diese „Hindernisse“ aus dem Weg zu räumen.

Jeden Monat trifft sich das Team mit der Führungskraft, um den „Fahrplan“ für den Folgemonat grob zu besprechen. Rund 70 % der Zeit werden dann mit den planbaren Themen verplant, wobei die Teammitglieder gemeinsam abschätzen, was sie in der zur Verfügung stehenden Zeit unterbringen. Das Ziel ist dabei, stetig gute Arbeit zu leisten, und nicht in die Überlast zu kommen.

Für kurzfristige Themen sind 30 % der Zeit reserviert. Jedes Thema wird, bevor es bearbeitet wird, geschätzt und terminiert. Oft ist es möglich, scheinbar dringende Themen in den nächsten Wochensprint zu verschieben. Sollte das nicht möglich sein und die 30 % der Zeit sind fast aufgebraucht, entscheidet das Team gemeinsam mit der Führungskraft, welche Themen im Backlog zurückpriorisiert werden können. Eines ist klar, eine dauerhafte Überlast ist nicht das Ziel.

Überlegen Sie selbst, welches Team und welche Führungskraft in der Entwicklung von agilem Mindset weiter ist. Die Lösung finden Sie? Gerne können Sie mir Ihr Ergebnis unter bfs@coverdale.at senden

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