Diese Case-Study beschreibt die Entwicklung innerhalb eines österreichischen KMU mit rund 300 Mitarbeitern anhand des Beispiels „Gehaltsanpassung“.
Ausgangssituation
In der Vergangenheit wurde dieses Thema so gehandhabt, dass die Teamleiter 1x jährlich Vorschläge für Gehaltsanpassungen in ihren Teams erstellt und an ihren Abteilungsleiter kommuniziert haben.
Dieser hat dann die Vorschläge an die Geschäftsführung weitergeleitet. Die Geschäftsführung führte im Rahmen einer GF-Sitzung ein Review aller Vorschläge durch und kürzte diese dramatisch.
Letztendlich bekamen nur rund 10% der von den Teamleitern genannten Mitarbeiter eine Gehaltserhöhung. Dafür hat die Geschäftsführung einige Mitarbeiter, die nicht vom Teamleiter benannt wurden, aber bei der Geschäftsführung in letzter Zeit sehr präsent waren, mit einer Gehaltsanpassung bedacht. Diese Vorgangsweise hat sich über viele Jahre im Unternehmen etabliert.
Auswirkungen und Konsequenzen
Das Vorgehen der Geschäftsführung führte zu großer Frustration bei den Teamleitern. Diese hatten das Gefühl, kaum Einfluss auf die Gehaltsentwicklung ihrer Mitarbeiter zu haben.
Die noch viel schlimmere Konsequenz war jedoch, dass die Eigenverantwortung der Teamleiter insgesamt stark abnahm. Stimmen wie: „Wir können eh nichts entscheiden und werden von der GF dauernd overruled“ waren an der Tagesordnung. In Folge wurden immer mehr Entscheidungen an die Geschäftsführung „delegiert“, was wieder zu Unzufriedenheit bei dieser führte.
Der Auftrag
Mein Auftrag, der aus einem Coaching mit einem der Geschäftsführer entstand, war es, die Eigenverantwortung der Teamleiter zu stärken. Ich führte daraufhin einen Workshop mit den Teamleitern durch, um ihre Sichtweise auf das Thema zu reflektieren und erste Improvements zu entwickeln.
Ein Ergebnis dieses Workshops mit den Teamleitern war eine hohe Unzufriedenheit mit dem Prozess der Gehaltsanpassungen. Dieser wurde von den Teamleitern als wichtigstes Thema priorisiert. Daraufhin wurde folgender Vorschlag zur Verbesserung von den Teamleitern entwickelt:
- Die Geschäftsführung definiert ein Budget für Gehaltsanpassungen je Abteilung
- Die Abteilungsleiter vereinbaren mit ihren Teamleitern ein Budget je Team
- Die Teamleiter erstellen einen Vorschlag innerhalb dieses Budgets
- Die GF commitet sich, diesen Vorschlag nur mehr geringfügig (max. 20%) zu verändern.
Dieser Vorschlag wurde von einem Vertreter der Teamleiter an die Geschäftsführung herangetragen. Nach kurzer Diskussion konnte die Geschäftsführung nachvollziehen, dass ihr bisheriges Verhalten (das „overrulen“ der Vorschläge) einen wesentlichen Beitrag zur gesunkenen Eigenverantwortung geleistet hat.
Die Geschäftsführung hat daraufhin den Vorschlag der Teamleiter akzeptiert.
Entwicklung → kollegiale Führung
Interessanterweise hat sich in den nächsten Jahren gezeigt, dass im Rahmen der Gehaltsanpassungen kaum mehr Veränderungen von der GF an den Vorschlägen der Teamleiter durchgeführt wurden.
Dieser Gewinn an Verantwortung war – neben anderen Maßnahmen – der Anstoß zu einem Prozess, der zu einer deutlichen Zunahme der Eigenverantwortung der Teamleiter führte.
Nach dem gleichen Muster wurden andere Prozesse durchleuchtet und ebenfalls Kriterien definiert, innerhalb dieser die Teamleiter frei entscheiden konnten.
Der verantwortungsbewusste Umgang mit den neuen Möglichkeiten durch die Teamleiter führte schlussendlich zu einer Verbesserung der Zusammenarbeit und zur Stärkung des Vertrauens im gesamten Unternehmen.
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